BiB - Büffet in der Bibliothek (Seite 33)


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Vom 18. bis 20. September 1995 fand die Jahrestagung der AGMB (Arbeitsgemeinschaft für Medizinisches Bibliothekwesen) in Münster/ Westf. statt und wurde von der Zweigbibliothek Medizin der ULB Münster mit sehr viel Liebe und großem Organisationstalent veranstaltet.

Als Besonderheit fand dieses Jahr vor der eigentlichen Tagung eine Einführung in das Internet für Medizinbibliotheken statt. Darin wurde auf die Dienste des Internet (Basisdienste wie z.B. Telnet, FTP, E-Mail und Überdienste wie z.B. Gopher, WWW, WAIS) eingegangen und praktische Übungen dazu gemacht (z.B. wie man im Katalog der National Library of Medicine recherchieren kann).

Am Nachmittag fanden die Sitzungen der verschiedenen Arbeitskreise statt.

Zu dem schon bestehenden Kreis der KrankenhausbibliothekarInnen und dem Pharma Round Table wurde auf dieser Tagung der Arbeitskreis Medizinbibliotheken an Hochschulen gegründet.

Im Arbeitskreis der KrankenhausbibliothekarInnen wurde ein Vortrag über das Datenbankangebot des Deutschen Bibliotheksinstituts gehalten. Dabei wurde auf die verschiedenen Datenbanken (ZDB, VK, ZD, GKS), ihre Verfügbarkeit (als Online-Datenbank, CD-ROM oder Mikrofiche), ihr Inhalt und die Kosten eingegangen.

Der zweite Block dieses Arbeitskreises beinhaltete die Kurzberichte aus den Bibliotheken. Es zeigte sich, daß immer mehr Patientenbibliotheken aus Einsparungsgründen entweder von den Krankenhausbibliothekaren mitverwaltet oder von ehrenamtlichen Helferinnen (grünen Damen) geführt werden müssen.

Außerdem berichtete Frau Pawel, die dem Vorstand des AGMB angehört, daß eine Petition zur Einrichtung einer Kommission für One-Person-Libraries (OPLs) an den Fachbeirat des DBI ge-richtet wurde, damit die Interessen solcher Bibliotheken mehr als bisher vertreten werden.

Außerdem wurde darauf aufmerksam gemacht, daß in der Reihe "Spezialbibliotheken in Deutschland" des Bock-Verlages im Band 1: Medizin die Adressen einer Vielzahl von Krankenhausbibliotheken enthalten sein werden.

Im Arbeitskreis Medizinbibliotheken an Hochschulen ging in es in der Hauptsache um ein von 5 Krankenhausbibliotheken (z. B. Charité und Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin) initiiertes Projekt mit dem Spitznamen "Interfax".

Dabei soll der überregionale Leihverkehr umgangen werden. Ziel ist, eilige Bestellungen von Zeitschriftenaufsätzen für Ärzte per Fax an die teilnehmenden Bibliotheken zu richten und die Kopien dann per Post innerhalb einer Woche zugeschickt zu bekommen. Voraussetzung an der Teilnahme ist ein relativ großer Bestand (die kleinste teilnehmende Bibliothek hat knapp 800 laufende Zeitschriften) und Meldung in der Zeitschriftendatenbank. Seit der letztjährigen Sitzung sind innerhalb dieses Leihverkehrs 6 000 Bestellungen erledigt worden, die sonst zum größten Teil über die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin hätten laufen müssen. Deren Vertreter, Dr. Kühnen, zeigte sich auch erfreut über diese Zahl. Bei über 500 000 Bestellungen pro Jahr ist die DZBMed über jede Bestellung froh, die sie nicht bekommt.

Nach einem gemeinsamen Abendessen in einem kleinen Restaurant, bei dem bekannte Gesichter und KollegInnen mit großem Hallo (wieder) begrüßt wurden, begannen am Dienstagmorgen die eigentlichen Vorträge.

Zuerst richteten je ein Vertreter der ULB Münster und der Medizinischen Fakultät die Grußworte an die ZuhörerInnen, danach eröffnete Herr Stadler als Vorsitzender der AGMB die Tagung.

Da die AGMB dieses Jahr auf ein 25jährigen Bestehens zurückblicken kann, hielten Herr Dr. Kühnen und Herr Gerber einen Vortrag über diese Zeit und den Wandel der Tagungen und der Teilnehmer.

Danach berichtete Herr Dr. Wagner, als Gastgeber, vom Umbau einer Zentralwäscherei zur Zweigbibliothek Medizin der ULB Münster und unterlegte seinen Bericht mit einer Vielzahl Vorher-Nachher-Dias.

Er erzählte von der Bibliotheksstruktur in Münster (zweischichtiges Bibliothekssystem) und von seinen Bemühungen, Geld für die Baumaßnahmen zu bekommen (es dauerte 18 Jahre und klappte erst nach massiven Protesten von Studenten und Ärzten). Seinen Bemühungen um Akzeptanz bei den einzelnen Medizinischen Instituten (es gibt über 50 weitere Institute) war sehr gut, was daran auffällt, daß 2/3 der Klinikbibliotheken ihren Bestand selber in die Bibliothek einbrachten. Den Grundstock der Bibliothek (von den Medizinern Zentralbibliothek genannt) bildete der Medizin-Bestand der ULB Münster. Weitere Klinikbibliotheken sollen eingegliedert werden.

Nach einer kurzen Pause, in der Zeit für die Fachausstellung war, sprach Herr Dr. Obst von Medizinbibliotheken als Infomationsvermittler und Informationsanbieter im World Wide Web.

Herr Obst berichtete davon, daß die NLM Medline im Internet (WWW) anbietet. Die Abrechnung erfolgt dann über Kreditkarte. Außerdem nannte er Bibliothekskataloge, die im Netz angeboten werden und referierte über die Funktion E-Mail und was man damit machen kann (z. B. Listen, Bilder, Auskünfte u. ä. an Interessenten verschicken). Er sprach auch davon, wie Bibliotheken sich nach außen mit einer eigenen Infoseite (z. B. Öffnungszeiten, Ansprechpartner) präsentieren können. Damit bietet das Internet die Möglichkeit, eigene Dienstleistungen zu propagieren und das "verstaubte Bücher"-Image zu polieren. Außerdem erwarten immer mehr Benutzer, daß die Bibliothek das Medium, in dem sie sich selber bewegen, anbietet, zugänglich macht und erschließt. "Der benutzerfreundlichen Bibliothek bleibt nichts anderes übrig, als dasjenige Medium zu erlernen, dessen sich der Benutzer bedient."

Trotz der Technik werden die Nachteile von instabilen Netzen und ungenügender Software nicht übersehen: "Schafft bloß die Zettelkataloge nicht ab!" (Forderung aus dem Internet).

Nach einer Mittagspause, die einige Teilnehmer dazu nutzten, in die Stadt zu gehen und sich Münster bei schönstem Altweibersommer-Wetter anzuschauen, hielt Herr Freyschmidt einen Vortrag mit dem Thema "Document delivery und Internet". Dabei wurden die Systeme UnCover, OCLC (beide von kommerziellen Anbietern) und JASON (angeboten von nordrhein-westfälischen Bibliotheken) vorgestellt und miteinander verglichen.

Diese Systeme haben die Bibliothek als Endnutzer angeschlossen, bieten ein umfangreiches Angebot bibliothekarischer Dienstleistung und gehen auf die teilweise schlechte Personallage der Bibliotheken ein, die durch Reduzierung Arbeit auf ihre Endnutzer abwälzen muß.

Die Handhabung ist in allen drei Systemen sehr einfach und benutzerfreundlich. Außerdem bieten die Systeme eine Integration aller Funktionen (Recherche, Lieferung [z. B. per Fax, E-Mail] und Rechnungsabwicklung). UnCover bietet zudem die interessante Variante, Zeitschrifteninhaltsverzeichnisse zu einem bestimmten Fachgebiet zu liefern, was Bibliotheken die Möglichkeit eröffnet, nur die Inhaltsverzeichnisse einer Zeitschrift zu kaufen, statt der ganzen Zeitschrift.

Der nächste Vortrag, den Herr Prof. Rienhoff hielt, beschäftigte sich mit "Qualitätssicherung der medizinischen Infomationen im Internet". Er machte darauf aufmerksam, daß Fragen zur Rolle des Bibliothekars, zur Haftung, zur kulturellen Abhängigkeit der Ergebnisse, zur nachvollziehbaren Sicherheit der Aussagen, der Qualitätskultur und der Entwicklung eines Preis-Leistungs-orientierten Marktes für Informationsdienste gestellt werden müssen.

Danach berichtete Frau Krause über die "Untersuchung zur Ermittlung von Schlüsselzeitschriften". Sie stellte ihre Auswahlkriterien vor (z. B. Fachgebiet, die Anzahl der Besitznachweise in der ZDB und die Anzahl der eigenen Fernleihbestellungen auf diese Zeitschrift). Außerdem muß beim Zeitschriftenkauf auch darauf geachtet werden, wie stark der eigene Bestand genutzt wird.

Bevor verschiedene Firmen ihre Produkte vorstellten, referierte Frau Dr. Gretz über elektronische Medien, die Printprodukte ablösen. Dabei ging es um die Umstellung von gedruckten Arzneibüchern, wie z. B. der Roten Liste auf CD-ROM, die im Netz angeboten wird.

Sie erzählte von den technischen Voraussetzungen sowie Überlegungen, ob das neue Medium auch angenommen wird, wieviel an Etat eingespart wird, wieviel Schulung für die Handhabung nötig ist, ob die Qualität des Produktes gewährleistet ist, wie stabil das Produkt im Netz läuft und ähnliches.

Vorteile beim Angebot im Netz sind z. B. die einfachere Verwaltung von Fortsetzungsaufträgen, das entfallende zeitaufwendige (und daher teure) Einsortieren der Ergänzungslieferungen, der insgesamt günstigere Gesamtpreis, die, in der Regel, aktuelleren CD-ROM-Ausgaben, die erweiterte Suchmöglichkeit und Platzeinsparungen bei der Stellfläche für die gebundenen Ausgaben.

Nach den Produktpräsentationen fand die Mitgliederversammlung der AGMB statt und zum Abschluß des Tages gab es ein sehr reichhaltiges und hervorragendes Büffet. Dazu gingen alle Teilnehmer in die nahegelegene Zweigbibliothek Medizin, in der das reichhaltige Büffet mit den kulinarischen Genüssen in den Räumen der Bibliothek aufgebaut war. Die BibliotheksmitarbeiterInnen stellten das Büffet selber zusammen und trugen Vielfältiges dazu bei (z. B. Hackfleischbällchen, belegte Lachshäppchen, versch. Salate, rote Grütze mit Vanillesauce, Mousse au chocolat u.v.m.).

Wir konnten uns frei in der ganzen Bibliothek bewegen und selbst umschauen, was wir natürlich auch ausgiebig taten und sahen bestätigt, was uns Herr Dr. Wagner in seinem Vortrag am Vortag schon über die Räumlichkeiten erzählt hatte. Eine sehr schöne Bibliothek (mit Garten)!

Am nächsten Morgen berichtete Herr Brugbauer über die "Veränderungen in der Medizinerausbildung und ihre Auswirkungen auf die Bibliotheksarbeit". Die Kritik des Wissenschaftsrates an der Medizinerausbildung an deutschen Hochschulen 1992 führte in Marburg zu einer Analyse der Studienbedingungen und der Ausbildungssituation im Fachbereich Humanmedizin, daran anschließend zum Erstellen eines Konzeptes mit der Darstellung der Forschung in Marburg und einem Überblick zu Lehre und Ausbildung, sowie einem Bibliothekskonzept. Daraus ergaben sich 3 Konsequenzen:

1. die Fortführung der Zentralmedizinischen Bibliothek als gemeinsame Teilbibliothek der UB und des Fachbereichs im Klinikum auf dem Berg

2. die Auflösung der Institutsbibliotheken und Gründung einer weiteren medizinischen Bibliothek im Tal

3. die Einrichtung von Studienlernzentren an beiden Standorten unter der Organisation der Bibliothek auf dem Berg. Diese Studienlernzentren dienen der Durchführung von Gruppen- und Seminararbeiten unter Einsatz von computerunterstützten Lernprogrammen, CD-ROMs, Videos, Zugang zum Internet und ähnlichem.

Die Forderung des Wissenschaftsrates nach alternativen Ausbildungsformen, wie weniger Frontalunterricht und mehr Eigenstudium durch die Einführung von Seminar- oder Hausarbeiten, hat Auswirkung auf die Tätigkeit der medizinischen BibliothekarInnen, z.B. die aktive Beteiligung der Bibliothekare an der Ausbildung durch Vermittlung von Grund- und Spezialkenntnissen wie die Vermittlung geeigneter Recherche-Strategien ("warum sind die MESH unverzichtbar") oder Navigationshilfen im Internet ("welche Daten kann ich über WWW oder Gopher abfragen").

Hinterher trug Herr Prof. Umstätter einen Bericht über die "Digitale Bibliothek" vor. Er erklärte, daß man nicht meinen darf, daß das Internet die digitale Bibliothek von morgen ist. Er zählte die Aufgaben der Bibliothek auf (sammeln von publizierten Informationen und sie geordnet verfügbar machen), stellte die Frage, ob die Bibliothek der Zukunft ein "Rechenzentrum" sein wird und ging auf die Rolle des Buches als Speichermedium ein. Als wichtigste Aufgaben einer Bibliothek bleiben seiner Meinung nach auch in Zukunft die Erwerbung und Archivierung von Speichermedien.

Nach einem kurzen Bericht von Frau Foerster, die erzählte, was sich bei DIMDI seit der letzen Tagung getan hat, wies uns Herr Korwitz (zum wiederholten Mal) auf die schlechte Lage der DZBMed hin. Er ging auf einige statistische Daten ein: die Verzugszeit für Fernleihbestellungen liegt von Eingang der Bestellung in der DZBMed bis zum Verschicken der Kopie, des Buches oder des Nullzettels zur Zeit bei 5 Wochen.

Die Bestellwünsche verteilen sich zur Zeit wie folgt: 35 % Fernleihbestellungen und 65 % Direktbestellungen (wobei 35,1 % per Post, 25,3 % per Telefax und 39,6 % online eingehen). Von diesen Direktbestellung handelt es sich um ca. 300 Eilbestellungen pro Tag. Die Erfüllungsquote für Bestellwünsche liegt bei 95 %.

Die DZBMed nimmt auch an oben erwähntem JASON teil. Die gewünschten Aufsätze sollen mit Buchscannern direkt in E-Mail-Programme oder Fax eingelesen werden können. Außerdem berichtete er, daß die Bibliothek einen Neubau erhält und daß weiterhin Personal abgebaut wird.

Nach den Schlußworten, in denen auch der nächste Tagungsort (Basel) bekannt gegeben wurde, hieß es Anschied nehmen von den KollegInnen, mit der Aussicht, sich im nächsten Jahr wiederzutreffen.

Andrea Kierdorf
Klinikbibliothek Schnarrenberg
Tel.: 29-6634


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TBI 1/1996